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Ein kreatives Hobby – Wie Stricken mein Leben verändert hat

Wie ein kreatives Hobby mein Leben verändert hat – so lautet das Thema meiner Blogparade. in der ich letzte Woche zum Mitmachen aufgerufen habe. Und hier folgt mein eigener Beitrag dazu, wie mich mein liebstes Hobby, das Stricken, geprägt hat. Still, aber stetig.

Ich habe für mich reflektiert, was Stricken mir bedeutet, warum es mich schon so lange begleitet und wie es mein Leben verändert hat. Herausgekommen sind acht Phasen, die zeigen, wie dieses kreative Hobby zu meinem ganz persönlichen (Lebens-)Weg geführt hat.

Ich möchte dir von Neugier und Herausforderungen erzählen. Von Entwicklungen, die Zeit gebraucht haben und von dem Wunsch, diese Erfahrungen weiterzugeben. An Menschen, die nicht einfach nachstricken wollen, sondern ihren eigenen Ausdruck suchen. Denn ich glaube nicht daran, dass Lieblingsstücke entstehen, weil sie perfekt sind. Sondern weil sie eine Geschichte haben. Eine, die in uns wächst, mitschwingt und uns trägt. Dafür ist bewusst-verstrickt entstanden – als Raum, als Impuls, als Einladung.

Phase: Die Wurzeln – Stricken als Fürsorge und Verbindung

Meine ersten Erfahrungen mit dem Stricken reichen zurück in die Kindheit. Ich erinnere mich noch genau an meine Großmutter. Sie war eine großartige Frau. Ruhig, geduldig und ihre Fürsorge zeigte sie nicht in großen Worten. Sondern in dem, was sie mit ihren Händen tat und das war so vieles. Aber eines sollte mich am meisten berühren: Mit großer Hingabe strickte sie für uns Enkel Pullover.

Diese frühen Eindrücke haben etwas in mir bewirkt. Stricken war für mich immer mehr als das Erlernen einer Technik. Es war Ausdruck von Aufmerksamkeit, von Nähe, von einem liebevollen Blick auf andere. Auch wenn ich es damals noch nicht verstand und es noch eine Weile dauern sollte, bis ich selbst zu stricken begann. Ich habe etwas mitgenommen, das mich bis heute trägt: Achtsamkeit, Geduld und Zuwendung.

Phase: Der erste Lieblingspullover – Stricken als Durchhaltevermögen und Zielstrebigkeit

Später sammelte ich eigene Erfahrungen und strickte meinen ersten Pullover. Aus einem Synthetikgarn, wie es für jene Zeit typisch war. Doch bald begann ich mich für die neu aufkommenden, hochwertigeren Garne zu begeistern und hatte mir in den Kopf gesetzt, meinen nächsten Pullover aus Naturfasern zu arbeiten. Doch waren diese Garne, auch wenn sie nach und nach den Markt eroberten, für mich als Schülerin unerschwinglich.

Ich fand einen Weg und strickte Pullover für ein Wollgeschäft, das mir die schönen Garne stellte. Es war eine wunderbare aber auch entscheidende Erfahrung, denn meinem eigenen Pullover kam ich damit nicht näher. Ich durfte zwar erfahren, wie toll sich diese Neuheiten verstricken ließen, aber meine Arbeit wurde kaum entlohnt, der Pullover über das Geschäft verkauft. So schlug ich eine andere Richtung ein, begann Nachhilfestunden zu geben und sparte das verdiente Geld für meinen eigenen. Eine Anleitung hatte ich schon, aber die Wolle stellte ich dann, als ich sie mir leisten konnte, nach eigenen Vorstellungen zusammen.

Dieser Pullover wurde zu einem Meilenstein. Er war mein erstes echtes Lieblingsstück, das nicht nur warm hielt, sondern auch eine persönliche Geschichte erzählte. Ich hatte lange auf ihn hingearbeitet, trug ihn viele Jahre und erinnere mich bis heute mit einem gewissen Stolz an ihn. Dadurch lernte ich zum ersten Mal, wie viel in mir steckt, wenn ich an etwas glaube: Durchhaltevermögen, Zielstrebigkeit und eigenständige Entscheidungen.

Phase: Lebenstempo – Stricken als Sehnsucht und stille Begleitung

Mit dem Berufsleben veränderte sich einiges und das Stricken trat in den Hintergrund. Es fehlte oft an Zeit und an Muße. Vieles wurde begonnen, wenig wurde fertig. In dieser Phase entdeckte ich eine weitere Leidenschaft – heute bekannt als Indoor Jungle – und kreierte meinen eigenen kleinen Zimmerpflanzen-Dschungel – mein neuer Wohlfühl- und Rückzugsort.

Mit den Kindern kam das Stricken zurück. Die Erstlingsgarderobe war schnell gestrickt, doch bald wuchsen die Jungs schneller, als meine Strickstücke. So entwickelte sich meine Kreativität in andere Richtungen: Gemeinsam malten und bastelten wir. Setzten Puzzle zusammen, ließen unserer Phantasie freien Lauf und erzählten uns eigene Geschichten. Mit Hingabe legten wir Bügelperlen, schufen Window-Color-Bilder und gestalteten Seidentücher.

Doch die Wolle verlor nie ihren Reiz. Wann immer ich unterwegs war und ein Wollgeschäft entdeckte, musste ich hinein – Wolle fühlen, Garnqualitäten entdecken. Und manchmal durften ein paar Knäuel mit nach Hause. Ob in Ägypten oder Schottland, die Wolle reiste mit – als steter, leiser Begleiter. Ich wusste, das Stricken war nicht verschwunden. Es wartete.

Phase: Wiederentdeckung – Stricken zwischen Hype und Überfluss

Der Wendepunkt kam mit der Eröffnung eines neuen Wollgeschäftes. Hell, freundlich, im skandinavischen Stil. Die Auswahl war groß und die Atmosphäre einladend. Und doch kaufte ich diesmal kein einziges Knäuel. Stattdessen beschlich mich ein vertrautes Gefühl: die Lust, etwas Neues entstehen zu lassen und alte Erinnerungen stiegen in mir auf. Ich begann wieder zu stricken.

Aber die Strickwelt hatte sich verändert. Nachdem Fast Fashion und Öko-Image ihre Spuren hinterlassen hatten, war ein ganz anderer Zeitgeist entstanden. Schlichte Farben, klare Linien und moderne Schnitte inspirierten im skandinavischen Stil. Denn durch das Internet verbanden sich jetzt Länder, Stile, Strickcommunities. Plattformen, Anleitungen, Shops: alles war verfügbar – jederzeit, sofort. Stricken als neuer Hype war entfacht.

Und genau das wurde zur Herausforderung. Der Überfluss entwickelte sich zum Wettlauf. Immer mehr, immer schneller, immer makelloser prasselten Eindrücke auf mich ein. Ich tauchte ein, probierte neue Techniken, strickte Pullover top-down, nahtlos in einem Stück. Es war aufregend, aber je mehr ich ausprobierte, desto deutlicher spürte ich, das etwas fehlte. Und dass ich ich mich immer weiter von mir selbst entfernte.

Phase: Richtungswechsel – Stricken als bewusste Entscheidung

Ich erinnerte mich an meine Strickanfänge und die Haltung, die daraus entstanden war. Achtsamkeit, Geduld, eigene Entscheidungen waren einer Besessenheit gewichen. Geradezu ungeduldig war ich von einer Anleitung zur nächsten gesprungen, strickte in kürzester Zeit ein Projekt nach dem anderen und war dennoch nicht glücklich. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich nicht länger blind dem nächsten Trend folgen wollte. Sondern zurück zum bewussten Stricken. Mich vorher fragen: Warum stricke ich dieses Stück? Für wen? Wofür?

Meine erste Norwegerjacke wurde zum Sinnbild für diesen Richtungswechsel. Ein Jugendtraum, den ich damals wegen der dicken, kratzigen Wolle verworfen hatte. Nun aber war es möglich. Mit feinerer Wolle, die auch drinnen tragbar war. Ich tauschte traditionelle Kontraste gegen sanfte Töne, suchte gezielt nach einer Anleitung und lernt nebenbei eine neue Technik: das Steeking. So verband ich Erinnerung mit Gegenwart.

Ich entwarf einen Strickplan, entschied mich gegen die gerade überall gefeierten Pullover und suchte stattdessen unbekanntere Modelle. Veränderte Anleitungen, spielte mit Garnstrukturen: ein Tweedgarn statt glattem Faden ergab gleich einen neuen Look. Jede bewusste Abweichung wurde ein Schritt in Richtung Selbstbestimmung.

Phase: Eigenes Design – Stricken mit Gelassenheit

Dann kamen die ersten freien Arbeiten: Tücher in verschiedenen Formen, Garnkombinationen, spontane Konstruktionen. Ich probierte, lachte über Fehler, lernte und machte weiter. Und manchmal freute ich mich, wenn ich zufällig auf eine Anleitung stieß, die wie gemacht war für Garn, das schon lange auf seine Verarbeitung wartete. Diese kreativen Pausen gaben mir Ruhe und oft auch neue Impulse. Wie zum

  • Beanie-Projekt – Nur mit Maßband, Nadeln und 100g Sockenwolle. Einfach gestrickt und doch genial, kann sie doch auf 3 verschiedene Arten getragen werden. Hier ging mein Konzept problemlos auf.
  • Jäckchen für meinen ersten Enkel – Garn war vorhanden, ein eigenes Strickmuster schnell erdacht. Doch dann wurde es knifflig. Die Konstruktion war mit dem Hebemaschen-Muster schwieriger umzusetzen, als ich mir vorgestellt hatte. Ich musste mehrfach auftrennen, neu denken, ausprobieren. Doch am Ende war es so, wie ich es wollte. Schade nur, dass der kleine Mann so schnell rauswuchs.
  • Pullover für mich – noch im Werden, aber der Anfang ist gemacht. Das Garn wartet schon eine Weile darauf, verarbeitet zu werden. Immer wieder habe ich die Stränge hervorgeholt und mich darüber gefreut. Mich in Gedanken schon im fertigen Pulli gesehen. Doch manchmal braucht es ein wenig länger, bis der richtige Zeitpunkt kommt. Jetzt ist er da. Es wird eine eigene top-down Konstruktion und die Schulterpartie sitzt schon mal gut. Es bleibt spannend…

Heute treffe ich meine Entscheidungen selbst. Ich wage Neues, halte Rückschläge aus und gestalte mein Stricken eigenständig. Es geht nicht mehr ums Nacharbeiten – sondern ums Gestalten. Beim Stricken. Und im Leben.

Phase: Weitergeben – Stricken als Ausdruck von Selbstbestimmung und innerem Wachstum

Ich wollte mich nicht länger von Trends treiben lassen, Projekte anfangen, ohne sie zu vollenden, oder mich im Streben nach Perfektion verlieren. Also fragte ich mich: Was darf entstehen, wenn ich mir selbst vertraue?

Mit dieser Frage begann etwas Neues: Ich wurde ruhiger, zufriedener, spürte weniger Druck – und entdeckte, dass es nicht nur mir so ging. Viele Strickerinnen fühlten sich überfordert von der Flut an Anleitungen, Materialien und Erwartungen. Auch sie sehnten sich nach einem anderen Zugang – einem, der sie stärkt statt antreibt, inspiriert statt vergleicht.

So wuchs in mir der Wunsch, meine Erfahrungen weiterzugeben. Nicht als Regelwerk oder perfekte Anleitung, sondern als Einladung: zu mehr Vertrauen in die eigene Kreativität. Stricken wurde für mich zu einem Weg, Entscheidungen bewusst zu treffen, Gewohnheiten zu hinterfragen und mit kleinen Mitteln große Veränderungen anzustoßen.

Ich habe gelernt, dass meine Lieblingsstücke nicht aus Perfektion entstehen, sondern aus Echtheit. Dass jeder Fehler Teil meines Weges ist. Und dass Stricken – richtig verstanden – ein Ausdruck von Selbstbestimmung sein kann.

Phase: Neues entsteht – Ein Raum für Kreativität und seine Wirkung

Diesen Weg möchte ich teilen. Nicht mit fertigen Lösungen, sondern mit Impulsen, die Mut machen. Mut, nicht einfach nachzustricken, sondern den eigenen Ausdruck zu suchen. Ich wünsche mir, dass andere ebenfalls erleben, wie aus einem kreativen Hobby eine Haltung wachsen kann. Eine, die über das Stricken hinauswirkt – ins Leben hinein.

Ich stehe noch am Anfang meines Wegs als Impulsgeberin – mit vielen Ideen im Gepäck: Strickprojekte, die ohne feste Anleitung auskommen. Zoom-Gruppen, in denen Austausch und Experiment im Mittelpunkt stehen. Und kleine Challenges, die zum spielerischen Ausprobieren einladen. Noch ist vieles im Entstehen – aber das Ziel ist klar: ein Raum, in dem Menschen sich selbst im Stricken entdecken dürfen.

Aus dieser Haltung ist bewusst-verstrickt entstanden. Aus der Überzeugung, dass Kreativität eine tiefe Wirkung entfalten kann, wenn sie Raum bekommt. Dass Stricken nicht nur sichtbar macht, was wir tun, sondern auch, wer wir sind. Und dass jede Masche eine Spur von uns hinterlässt. Nicht immer perfekt, aber echt. Und darum unendlich wertvoll.

Fazit: Wenn Wolle mehr ist als Material

Stricken hat mich nicht nur begleitet, es hat mich geprägt. Es hat mir gezeigt, wie kraftvoll leise Wege sein können. Wie wertvoll es ist, Geduld zu lernen, auf sich selbst zu hören, eigene Entscheidungen zu treffen.

Über Jahre hat sich mein kreatives Hobby zu einem inneren Kompass entwickelt. Ich vergleiche nicht mehr, ich folge meinem eigenen Tempo. Und das nicht nur beim Stricken, sondern im ganzen Leben.

Ich weiß heute: Es zählt nicht, wie viele Stücke ich stricke, sondern welche Geschichten sie erzählen. Wie sehr ich mich in ihnen wiederfinde. Wie sehr sie tragen, wärmen und erinnern.

Mit bewusst-verstrickt möchte ich einen Raum schaffen, der genau das möglich macht. Für Menschen, die im Stricken mehr sehen als ein Ergebnis. Die erkennen wollen, was in ihnen steckt – nicht nur in ihren Händen, sondern auch in ihrer Haltung.

Denn das Stricken formt nicht nur Maschen. Es formt Menschen. Es formt Leben – wenn wir es zulassen.


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